
Laut einer parlamentarischen Anfragebeantwortung (17876/AB) haben im Jahre 2023 insgesamt 29 Glücksspielanbieter aus Steueroasen ihre Selbstberechnung durchgeführt.
Daraus ergibt sich ein geschätzter Bruttospielertrag von ca. 150 Mio. Euro (bei ca. 60 Mio. Euro Steueraufkommen). Andere Quellen wie z.B. Kreuzer & Fischer sprechen sogar von 221 Mio. Euro Bruttospielertrag.
Bei der sogenannten Selbstberechnung durch Steuersubjekte – am Beispiel der österreichisch-deutschen bet-at-home AG und deren Geschäftsbericht 2017 (Seite 48) – werden Teile der Umsätze in Österreich versteuert. Die Steuerberechnung erfolgt auf Basis einer Selbstveranlagung, ohne dass eine reale, tatsächliche oder vollständige Offenlegung aller Bruttospielerträge erfolgt. Dieses relativ kleine oder mittelgroße Beispiel aus Österreich zeigt exemplarisch, wie Anbieter nur selektiv Umsätze melden, um steuerliche Pflichten in Österreich zu erfüllen, ohne eine Konzession zu besitzen.
In Österreich sind insgesamt etwa 800 illegale Glücksspielanbieter am Markt.
Davon haben etwa ein Dutzend nennenswerte Größen, gemeinsam haben sie mehr Anteil als die legal operierende, exklusiv in Österreich lizenzierte win2day.
Aus dieser Gesamtzahl der illegalen Online-Anbieter, die sich im Österreich-Internet tummeln, haben zeitweise maximal 28 Steuern auf Basis ihrer Selbstanzeige beim Finanzamt entrichtet. Die Finanzverwaltung kann diese Anbieter nur sehr schwer bis gar nicht prüfen, da diese im Ausland sitzen. Die angegebenen Bruttospielerträge, welche als Basis der selbst gemeldeten Steuerabgaben herangezogen werden, bedeuten auch, dass österreichische Spieler in dieser exorbitanten Größenordnung – ohne dass der Anbieter aus dem Ausland eine gültige Glücksspielkonzession hat – abgezockt werden. Durch die „freiwillige“ Zahlung aus einer selbst bemessenen und ohne nähere fiskalische Kontrolle bekanntgegebene Umsatzgröße entgehen diese Anbieter der steuerlichen Strafverfolgung in Österreich.
Für alle Anbieter bedeutet dies einen Jackpot
Alleine das Beispiel der bet-at-home AG, welche ihren Firmensitz zwar in Deutschland hat, aber aus Linz agiert und jährlich etwa ca. 35 Mio. Euro Gewinn erzielte, zeigt die Dimension der in der Öffentlichkeit wenig bekannten Größenordnung der Steuerabzocke:
Ab 2021 hat bet-at-home das illegale Glücksspiel aufgrund von OGH-Entscheidungen und verlorener Prozesse in Österreich beendet und reduzierte ihr Angebot auf reine Sportwetten. Die Umsätze, das EBITDA (Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen) und die Gewinne sanken somit auf 93,1 Mio. / 8 Mio. / 8 Mio. Euro.
Mehrere Prozessfinanzierer in Österreich bemühen sich seit mehreren Jahren bei einigen großen Anbietern, insbesondere aus Malta, rechtskräftige – teilweise durch OGH-Urteile gestützte – Urteile von Spielern, welche ihre Spieleinsätze zurückforderten, durchzusetzen. Wie berichtet, hat Malta entsprechende gesetzliche Maßnahmen erlassen, womit diese österreichischen Urteile in Malta nicht exekutiert werden können.
Nach Berichten von Insidern belaufen sich die von Spielern – nur betreffend Malta – geforderten Beträge auf bald 100 Mio. Euro. Hier handelt es sich wohlgemerkt um rechtskräftige Urteile zugunsten von Spielern, welche nunmehr auch in Österreich exekutiert werden können, sofern ein entsprechendes Vermögen der maltesischen Firmen vorgefunden wird.
Eines dieser möglichen Vermögenswerte wäre die Rückforderung der Steuern für Spieleinsätze, welche aufgrund der Gerichtsurteile detailliert nachgewiesen sind.
Wenn man davon ausgeht, dass die maltesischen Firmen, welche in Österreich freiwillig Steuern für Glücksspielangebote bezahlen, vollständige Angaben über ihre in Österreich erzielten Bruttospielerlöse gemacht haben, dann ist auch davon auszugehen, dass bei einer Rückzahlung der Spieleinsätze an den jeweiligen Spieler auch die auf diese Spieleinsätze an den Fiskus abgeführten Steuern wieder dem Online-Glücksspielbetreiber vom Finanzamt refundiert werden müssen. Diese Rückforderung der erfolgten Steuerleistung wäre ein Vermögenswert des jeweiligen Online-Glücksspielanbieters, welcher seinen Sitz in Malta hat und in Österreich für den jeweiligen Kläger mit großer Wahrscheinlichkeit exekutierbar.
Prozessfinanzierer diskutieren über diese spannende Frage
Diese exorbitant hohen Spielerträge, welche ohne gültige österreichische Glücksspiellizenz, also illegal erreicht wurden und werden, rufen seit Jahren nach einer dringenden Neuordnung und einer ernsthaften Klärung der Frage, ob das Online-Glücksspiel in Österreich wie in einigen anderen Ländern Europas vollständig für den freien Markt zugänglich sein wird oder ob es beim Monopol bleibt.
Wenn sich die Politik weiterhin für das Glücksspielmonopol, dass lediglich ein legaler Anbieter eine gültige Online-Glücksspiellizenz innehat, entschließt, müssen auch entsprechende dauerhafte belastbare Maßnahmen für die Verfolgung der illegalen Glücksspielanbieter und die weitestgehende Beendigung der Angebotsmöglichkeiten in Österreich gesetzlich verankert werden. Diese gesetzliche Verankerung, wonach der legale, lizenzierte Anbieter und insbesondere auch der Spieler geschützt werden, ist eine Voraussetzung für die zukünftige ordnungspolitisch unbedingt notwendige Neuordnung im österreichischen Glücksspielsektor.
Die Situation, wie sie seit Jahren besteht, dass sich einige privilegierte Anbieter, welche ohne Lizenz in Österreich Glücksspiel anbieten, durch selbst berechnete Umsatzerlöse von der Verfolgung durch die Steuerfahndung de facto freikaufen, ist eines Rechtsstaates nicht würdig.