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Die Ohnmacht der Finanz

Das Finanzstrafverfahren gegen bwin wird eingestellt. Steuern in Millionenhöhe sollen dennoch gezahlt werden.

[[image1]]Fast fünf Jahre hat es gedauert, bis das Finanzamt Wien 1/23 Mitte letzten Jahres eine Entscheidung fällte. Die Online-Glücksspielfirma bwin muss für die Jahre 2002 und 2004 insgesamt 6,4 Millionen Euro Umsatzsteuer und 633.000 Euro Körperschaftssteuer nachzahlen. Die Finanzbeamten kamen letztlich zu dem Schluss, dass bwin über eine Betriebsstätte in Österreich verfügt und deshalb eine Steuer fällig ist. Und das, obwohl sich Hannes Androsch, Aufsichtsratsvorsitzender von bwin und Exfinanzminister, massiv für „sein“ Unternehmen bei der Finanz in die Schlacht geworfen hat. Worum geht es? Bwin zahlt in Österreich keine Umsatzsteuer, weil das Unternehmen – gestützt auf zahlreiche Rechtsgutachten – behauptet, seine Geschäfte

würden von der Steueroase Gibraltar aus gelenkt, wo bwin auch über eine Lizenz verfügt. In Österreich stünden nur Computerserver, die bis vor kurzem noch 800 Mitarbeiter des Unternehmens

spielten für die Umsatzsteuerbemessung keine Rolle. Das rief die Finanz auf den Plan.

Lesen Sie mehr im Format, Ausgabe 11/03
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Über das verschärfte Glücksspielgesetz hat Spieler-Info.at Österreichs Banken verständigt. Dazu hat der renommierte WU-Professor Mag. DDr. Leo W. Chini ein fundiertes Gutachten mit Schwerpunkt Online-Gaming und Geldverkehr erstellt.

Gutachten Univ.-Prof. Mag. DDr. Leo W. Chini
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Kommentar Redaktion Spieler-Info.at

Schon in der Volksschule lernt jeder Taferlklassler: Unkenntnis des Gesetzes schützt nicht vor Strafe.

So simpel war und ist die Rechtslage nie. Denn alle Strafgesetze kennen in irgend einer Form den Entschuldigungsgrund des Rechtsirrtums, der denjenigen straflos stellen hilft, der das Unrechte seines Tuns nicht erkannt hat, es sei denn diese Unkenntnis war ihm vorwerfbar.

Wer gefährliche Tätigkeiten betreibt, wer komplizierte Aufgaben unternimmt, wer sich auf ein Terrain begibt, auf dem er noch nicht viel Erfahrung hat, den verpflichtet das Gesetz, sich über die Rechtslage zu erkundigen. Gesetz und Gerichte sind nur scheinbar streng, wenn sie den Rechtsunkundigen verpflichten, sich ausreichend zu erkundigen, bevor er sich auf eine ihm unbekannte Rechtsebene begibt. Denn Fälle, dass jemand keine Möglichkeit hat, sich ausreichend über die Rechtslage zu informieren sind selten.

Was allerdings für „jedermann“ gilt, stellt jüngst die Finanz in einer spektakulären causa in Frage, in der sie der Staatsanwaltschaft nahegelegt hat, ein Finanzstrafverfahren gegen die Verantwortlichen des Glücksspielbetreibers bwin einzustellen, obwohl diese nach den Erkenntnissen der Finanz alleine in den Jahren 2002 bis 2004 Abgaben im Ausmaß von über 7 Millionen € verkürzt haben.

Der Fall ist zweifach nicht bloß kurios, sondern schlichtweg unerträglich.

Das in allen Sparten des elektronischen Glücksspiels wie Sportwette, Casino Games, Poker und Games tätige in Wien etablierte Unternehmen bwin Interactive Entertainment AG erwirtschaftete selbst bis 2002 steuerfreie Glücksspielumsätze. Als Konzernspitze diverser Tochtergesellschaften veräußerte es 2001 und 2002 sämtliche Kundenstöcke an eine in Gibraltar ansässige Firma mit dem Ziel, die Umsätze weiterhin keiner Besteuerung im Inland unterziehen zu müssen.

Bis zum heutigen Tag hielt bzw. hält es die Gesellschaft so.

Die Finanz kam nun zu dem Ergebnis, dass die Beurteilung der weitläufigen und noblen Geschäftsräume in der Wiener Börse und die Beschäftigung zahlreicher Angestellter als inländische Betriebsstätte „nicht unumstritten“ sei, weswegen die vieljährige Steuerhinterziehung finanzstrafrechtlich nicht vorgeworfen werden könnte.

Man muss gar kein versierter Kenner des internationalen Gesellschaftsrechtes sein, um alleine bei der Etablierung von Firmen in Steueroasen instinktiv an geplante Abgabenverkürzungen und Umgehungen von Steuervorschriften zu denken. Den bwin-Verantwortlichen, die ein Unternehmen leiten, das sich als Aufsichtsratspräsidenten den „besten Finanzminister der 2. Republik“ hält, ist jedoch nach Ansicht der Finanz der Rechtsirrtum, dass Umsätze die zwar in Österreich erwirtschaftet werden, aber formell an eine Gesellschaft in Gibraltar übertragen sind, hier keiner Versteuerung unterliegen, dennoch nicht vorwerfbar.

Die zweite Auffälligkeit ist nicht minder verblüffend:

Nach der gegen die bwin-Verantwortlichen erfolgten Strafanzeige vom 27.11.2006 prüfte die Finanz bis zum 9.6.2010 nicht den gesamten Zeitraum, sondern bloß die drei Jahre von 2002 bis 2004. Das Ergebnis von über 7 Millionen verkürzter Abgaben kann man daher um weitere sechs Jahre hochrechnen, damit man eine Vorstellung von der Summe bekommt, die durch den Betrieb von Glücksspiel dem Fiskus entgangen ist. Nach dem vorliegenden Abschlussbericht kann man bloß hoffen, dass die Finanz die in den Jahren 2005 bis 2010 erlittenen Steuerausfälle durch Verkürzung von Umsatz- und Körperschaftsteuer nicht hinnehmen wird. Von einer weiteren Prüfung ist jedenfalls derzeit nichts zu bemerken. Vielleicht wird das auch einem Verantwortlichen im Finanzministerium auffallen.

Zwischenzeitlich hat bwin selbst im Geschäftsbericht eingestanden: Möglicherweise drohen bis zu 130 Mio. Euro Steuernachzahlungen! Kennt jemand in Österreich ein größeres Finanzverfahren??



 

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