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Illegales Online-Glücksspiel Malta: Parlamentarische Anfrage durch Abg. Dr. Stephanie Krisper und Anfragebeantwortung vom 5.7.2024 durch BM Alma Zadić (18462/J)

Dr. Stephanie Krisper, Bild © Parlamentsdirektion, Photo Simonis, Dr. Karl Nehammer, MSc, Bild © Parlamentsdirektion, Photo Simonis, Dr. Alma Zadić, Bild © Parlamentsdirektion, Photo Simonis

Am 7. Mai 2024 brachten die Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper / NEOS und Kollegen eine schriftliche Anfrage (an die Bundesministerin für Justiz betreffend Illegales Online-Glücksspiel ein und orteten einen EU-Rechtsbruch durch Malta und ein Versagen der Bundesregierung

 

Lesen Sie nachstehend den Text der Anfrage (https://www.parlament.gv.at/gegenstand/XXVII/J/18462) und die Beantwortung (https://www.parlament.gv.at/dokument/XXVII/AB/17882/imfname_1642433.pdf) durch BM Dr.in Alma Zadić, LL.M.

Anfrage der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Illegales Online-Glücksspiel: EU-Rechtsbruch durch Malta und Versagen der Bundesregierung

 

Im Juni 2023 beschloss das maltesische Parlament die sogenannte Bill No. 55. Das Gesetz droht nicht nur die Hoffnungen tausender Opfer von illegalem Online-Glücksspiel zu zerschlagen, sondern rüttelt zugleich auch an den Grundsäulen des EU-Rechts. Es verbietet nämlich sämtlichen maltesischen Gerichten, Urteile anderer EU-Mitgliedsstaaten anzuerkennen oder zu vollstrecken, wenn sich diese gegen ein in Malta lizenziertes Glücksspielunternehmen richten. Das Gesetz wurde vor dem Hintergrund erlassen, dass maltesische Glücksspielunternehmen von zahlreichen Zivilgerichten innerhalb der EU, unter anderem Österreich und Deutschland, zu Zahlungen verurteilt wurden, und zwar, weil sie ihre Tätigkeit rechtswidrig, also ohne nationale Glücksspiellizenzen angeboten haben (1).

 

An Österreichs Gerichten klagen seit einigen Jahren zahlreiche Spieler:innen und Spielsüchtige gegenüber illegalen Online-Glücksspiel-Anbietern – viele davon mit Firmensitz in Malta – ihre Spielverluste ein. In Österreich darf aufgrund des Glücksspielmonopols nur Win2day Online-Glücksspiel anbieten – alle anderen Anbieter agieren de facto illegal. Aus diesem Grund sind Klagen, mit denen die bei diesen illegalen Anbietern erzielte Spielverluste, nahezu immer erfolgreich – weshalb auf diese Klagen spezialisierte Anwaltsfirmen diese Verfahren auch vorfinanzieren. Die Urteile der österreichischen Gerichte müssen dann von maltesischen Gerichten gegenüber den maltesischen Glücksspielunternehmen vollstreckt werden. Aus Sicht des BMF war das zivilrechtliche Vorgehen von Spieler:innen gegen illegale Onliner in den letzten Jahren so erfolgreich, dass man recht freimütig zugab, es bestünde keine Notwendigkeit von Seiten Österreichs, anderweitig gegen illegales Online-Glücksspiel vorzugehen (so im Finanzausschuss Frühjahr 2023).

 

Damit ist es aber anscheinend nun erst mal vorbei: Das nun beschlossene maltesische Gesetz verbietet den maltesischen Gerichten, die von Österreichs Gerichten erlassenen Urteile gegen die maltesischen Glücksspielunternehmen zu vollstrecken. Damit zerschlägt das Gesetz nicht nur die Hoffnungen vieler Spielsüchtiger, ihre an illegale Anbieter verlorenen Einsätze wieder zurückzuerhalten. Es verstößt auch gegen den Grundsatz der EuGVVO 2012 (Brüssel-Ia-VO), wonach EU-Gerichte Urteile anderer EU-Mitgliedsstaaten grundsätzlich anzuerkennen und zu vollstrecken haben. Dieses Gesetz verstößt daher gegen EU-Recht und würde die europäische Rechtsstaatlichkeit vollkommen aushöhlen (2). Schon der Gesetzesvorschlag hat daher die EU-Kommission auf den Plan gerufen, die derzeit den „Gaming Act, Cap. 583“ auf seine Vereinbarkeit mit EU-Recht prüft (3). Die Mühlen in Brüssel mahlen aber langsam. Bis die EU gegen das maltesische Gesetz und die Knebelung der maltesischen Gerichte vorgeht, vergehen womöglich Jahre. Bis dahin können die Urteile womöglich nicht mehr vollstreckt werden, weil die beklagten maltesischen Glücksspielunternehmen in der Zwischenzeit umstrukturiert wurden und nicht mehr greifbar sind (4).

 

Was aber tun die in Österreich zuständigen Regierungsvertreter:innen gegen diesen eklatanten EU-Rechtsbruch vonseiten Maltas? Die für Österreichs Behörden bequeme Lösung, dass sich die Spieler selbst um ihr Recht gegenüber den illegalen Anbietern kümmern, ist ja nun vorbei.  Ende 2023 trafen daher Österreichs Regierungsvertreter mit jenen Maltas zusammen, um die aktuelle Situation im Glücksspielbereich zu besprechen – Ergebnisse dieses Treffens wurden bisher nicht kommuniziert (5).

 

Österreichs Regierung versagt beim Vorgehen gegen illegalen Online-Glücksspieler seit Jahren eklatant: Anstatt mit Verwaltungsstrafen und Blocking (DNS-Blocking wurde bereits Februar 2021 angekündigt, aber bis dato nicht umgesetzt) konsequent gegen illegale Anbieter vorzugehen, streift sich der Finanzminister lieber deren im Vergleich zu ihren Gewinnen wohl dürftigen Zahlungen auf Basis einer Selbsteinschätzung (!) ein – und das überhaupt von allen?

Quellen:

  1. https://www.anwalt.org/malta-ein-neues-gluecksspielgesetz-schuetzt-die-glueckspielbranche/
  2. https://www.anwaltaktuell.at/alte-ausgabe/ausgabe-06-23/wie-malta-den-%C3%B6sterreichischen-rechtsstaat-br%C3%BCskiert/
  3. https://igamingbusiness.com/legal-compliance/european-commission-to-scrutinise-malta-gaming-bill/ (https://igamingbusiness.com/legal-compliance/european-commission-to-scrutinise-malta-gaming-bill/
  4. https://www.europarl.europa.eu/doceo/document/E-9-2023-001722-ASW_EN.html UND https://www.quotenmeter.de/n/145315/maltas-neues-gluecksspielgesetz-stellt-die-eu-auf-den-kopf
  5. https://tvmnews.mt/en/news/malta-and-austria-to-continue-discussions-in-the-field-of-gaming/

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:

 

  1. Ist dem BMJ das im Juni beschlossene maltesische Gesetz Bill No. 55 bekannt?
  2. Fand in diesem Zusammenhang bereits ein Austausch, bzw. eine Kontaktaufnahme mit anderen Ressorts statt und wenn ja, wann, mit welchen und mit welchem Ergebnis?
    1. Falls ja, wann und mit welchem Ergebnis?
    2. Falls nein, warum nicht?
    3. Falls nein, ist eine Kontaktaufnahme geplant und wenn ja, wann?
  1. Erfolgte in diesem Zusammenhang bereits eine Aussprache oder Kontaktaufnahme bei den maltesischen Behörden oder der diplomatischen Vertretung in Österreich?
    1. Falls ja, wann und mit welchem Ergebnis?
    2. Falls nein, warum nicht?
    3. Falls nein, ist eine Kontaktaufnahme geplant und wenn ja, wann?
  1. Fand in diesem Zusammenhang bereits ein Austausch, bzw. eine Kontaktaufnahme mit der Europäischen Kommission statt?
    1. Falls ja, wann und mit welchem Ergebnis?
    2. Falls nein, warum nicht?
    3. Falls nein, ist eine Kontaktaufnahme geplant und wenn ja, wann?
  1. Welche sonstigen Schritte wurden von Ihrem Ressort im Zusammenhang mit dieser Angelegenheit zu setzen?
  2. Welche weiteren Schritte plant Ihr Ressort im Zusammenhang mit dieser Angelegenheit zu setzen?

 

Beantwortung BMJ

Sehr geehrter Herr Präsident,

die Abgeordneten zum Nationalrat Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen haben am 7. Mai 2024 unter der Nr. 18462/J-NR/2024 an mich eine schriftliche parlamentarische Anfrage betreffend „Illegales Online-Glücksspiel: EU-Rechtsbruch durch Malta und Versagen der Bundesregierung“ gerichtet.

Diese Anfrage beantworte ich nach den mir vorliegenden Informationen wie folgt:

Zu den Fragen 1 bis 6:


  • 1. Ist dem BMJ das im Juni beschlossene maltesische Gesetz Bill No. 55 bekannt?
    2. Fand in diesem Zusammenhang bereits ein Austausch, bzw. eine Kontaktaufnahme
    mit anderen Ressorts statt und wenn ja, wann, mit welchen und mit welchem
    Ergebnis?
    a. Falls ja, wann und mit welchem Ergebnis?
    b. Falls nein, warum nicht?
    c. Falls nein, ist eine Kontaktaufnahme geplant und wenn ja, wann?
    3. Erfolgte in diesem Zusammenhang bereits eine Aussprache oder Kontaktaufnahme
    bei den maltesischen Behörden oder der diplomatischen Vertretung in Österreich?
    a. Falls ja, wann und mit welchem Ergebnis?
    b. Falls nein, warum nicht?

    c. Falls nein, ist eine Kontaktaufnahme geplant und wenn ja, wann?
    4. Fand in diesem Zusammenhang bereits ein Austausch, bzw. eine Kontaktaufnahme
    mit der Europäischen Kommission statt?
    a. Falls ja, wann und mit welchem Ergebnis?
    b. Falls nein, warum nicht?
    c. Falls nein, ist eine Kontaktaufnahme geplant und wenn ja, wann?
    5. Welche sonstigen Schritte wurden von Ihrem Ressort im Zusammenhang mit dieser
    Angelegenheit zu setzen?
    6. Welche weiteren Schritte plant Ihr Ressort im Zusammenhang mit dieser
    Angelegenheit zu setzen?


Das Bundesministerium für Justiz ist über die in der parlamentarischen Anfrage angesprochene Vollstreckungsproblematik von Urteilen gegen maltesische Online-Glücksspielanbieter:innen in Kenntnis. Diese Problematik wurde im Arbeitsgespräch mit der parlamentarischen Staatssekretärin für Reformen und Gleichstellung der Republik Malta, Rebecca Buttigieg, am 11. Mai 2023 erörtert. Auch auf Fachebene fand im September 2023 eine Besprechung über die umstrittene „Bill 55“ mit der Botschafterin Maltas in Österreich, Natascha Meli Daudey, statt, in dem die österreichischen Bedenken ausführlich erörtert wurden.

Das Bundesministerium für Justiz beobachtet seitdem die Entwicklungen auf EU-Ebene mit großer Aufmerksamkeit, zumal es primär der Europäischen Kommission obliegt, zu überprüfen, ob ein Mitgliedstaat gegen seine Verpflichtungen aus den Verträgen verstoßen hat. So stellte das Europäische Parlament bereits am 30. Mai 2023 eine Anfrage zum „Gesetzentwurf Maltas zur Änderung des ‚Gaming Act, Cap. 583‘ aus dem Frühjahr 2023“ (E-001722/2023), der zwei weitere Anfragen (E-003492/2023 vom 29. November 2023 und E-000520/2024 vom 16. Februar 2024) folgten. In ihrer jüngsten Antwort vom 24. April 2024 erklärt die Europäische Kommission, dass sie derzeit die Vereinbarkeit (der Änderung) des (maltesischen) Glücksspielgesetzes mit dem EU-Recht prüfe. Zu diesem Zweck stehe sie in Kontakt mit den maltesischen Behörden, die zusätzliche Informationen übermittelt hätten.

Wenn die Kommission diese Informationen analysiert habe, werde sie über geeignete Folgemaßnahmen entscheiden.

Aus Sicht des Bundesministeriums für Justiz gilt es nun, die weiteren Schritte auf Unionsebene mit besonderem Augenmerk zu verfolgen und abzuwarten, zu welchem Ergebnis die Europäische Kommission in ihrer Analyse der Änderung des maltesischen
„Gaming Act, Cap. 583“ („Bill 55“) kommt.

Dr.in Alma Zadić, LL.M.

 

Beantwortung BKA

Ergänzend lesen Sie die kurze weitere Anfragebeantwortung durch Bundeskanzler Karl Nehammer, Msc: https://www.parlament.gv.at/dokument/XXVII/AB/17880/imfname_1642427.pdf

Am 27. November 2023 habe ich den maltesischen Premierminister Robert Abela zu einem Arbeitsgespräch in Wien empfangen. Dabei standen zahlreiche Themen auf der Tagesordnung. Unter anderem tauschten wir uns über Migration, den russischen Angriffskrieg in der Ukraine und die Lage im Nahen Osten aus. Darüber hinaus sprachen wir ebenso über das Thema Online-Glücksspiel, wobei auch Premierminister Robert Abela seine Sichtweise darlegte. Darüber hinaus verweise ich auf die Beantwortung der parlamentarischen Anfragen Nr. 18462/J vom 7. Mai 2024 durch die Bundesministerin für Justiz und Nr. 18463/J vom 7. Mai 2024 durch den Bundesminister für Finanzen.

 

Karl Nehammer

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