In Bezug auf das Glückspiel ist der neue Finanzminister Hans Jörg Schelling noch ein unbeschriebenes Blatt. Querfeldein wird gerätselt, ob er der bisherigen politischen Linie folgt, indem die Casinos-Austria-Gruppe (CASAG) und damit der langjährige Platzhirsch bevorzugt wird oder ob er, entsprechend seiner bisherigen beruflichen Laufbahn, eher erfolgs- und wettbewerbsorientiert handelt.
Im letzteren Fall dürften die CASAG und deren Generaldirektor Karl Stoss eher harte Zeiten erwarten. Denn die Liste der Baustellen und Problemfälle ist lang. So rufen die bestehenden 12 heimischen Casinos nach einem Relaunch, muss der Auftritt am internationalen Markt neu geordnet, sollen für über 4.000 bewilligte Video-Lotterie-Terminals (VLT) Betreiber gesucht werden, wird über den Verkauf von CASAG-Gesellschaftsanteilen, die einst den Status von Familiensilber hatten, wild spekuliert.
Der Abschied vom Nimbus „Leitbetrieb“
Noch vor zehn Jahren rühmte sich das damalige Casinos-Austria-Management unter der Führung von Leo Wallner, zu den fünf größten Steuerzahlern Österreichs zu gehören. Und es galt zudem als das Leitbild eines erfolgreichen, weltweit tätigen Konzerns. Heute ist man beinahe schon zu einem Sanierungsfall geworden. Von den 12 heimischen Spielbetrieben steckt nämlich gut die Hälfte in den roten Zahlen, die Auslandstochter Casinos Austria International (CAI) erwirtschaftet zwischenzeitlich Jahr für Jahr satte Verluste. Es gab fürwahr bessere Zeiten, man muss nur in den Firmenpräsentationen nachlesen. 2003 reportierte man stolz, dass die Gruppe auf allen fünf Kontinenten tätig ist, fast 80 Casinos weltweit betreibt, mit einem Dutzend Schiffen die Weltmeere befährt, ja bislang 200 Casino Projekte in 35 verschiedenen Staaten eröffnet hat. Heute klingt das schon recht bescheiden, wenn man schreibt, dass Casinos Austria International zu den führenden „Playern“ in der weltweiten Glücksspielindustrie zählt und insgesamt 35 Spielbetriebe in 14 Ländern, darunter 29 Landcasinos und sechs Schiffcasinos betreibt.
Ausverkauf bei der CAI
Kurzum, da ist ein ordentlicher Schrumpfungsprozess passiert. Mehr noch, an einer Reihe von CAI-Betrieben hängt das Schild „For Sale“. War früher einmal die CAI als Projektplaner, Investor und Betreiber von Glückspieltempeln der Marke „Made in Austria“ gefragt, so ist heute offensichtlich die Made in den Casino Austria Betrieben heimisch geworden. Dass von den 12 österreichischen Spielsalons gut die Hälfte in den roten Zahlen operiert, ist wahrlich kein Aushängeschild.
Bislang kaum Aufmerksamkeit erfuhr die Tatsache, dass man nicht nur die Hälfte des alten Bestandes schon abgestoßen hat, sondern noch immer Käufer für einige Auslandsbetriebe sucht. Weil einige Casino-Standorte einfach nicht imstande sind, attraktive wirtschaftliche Ergebnisse zu erzielen, gehen sie schon fast zum Nulltarif an neue Eigentümer. So geschehen zum Beispiel beim Spielbetrieb in Bukarest. Auf der Verkaufsliste steht auch das Casino in Glasgow und jener Betrieb, für dessen Lizenzerwerb man seinerzeit keine politischen und finanziellen Mühen scheute, nämlich das Spielcasino in der EU-Hauptstadt Brüssel. Dort kämpft man freilich mit dem Problem, dass die vertragliche Situation einen Eigentümerwechsel eigentlich nicht zulässt. Aber nicht nur bei den Casinos auch im Lotteriegeschäft hat man so seine Sorgen. Zwar wurde am Wochenende hinausposaunt, dass man demnächst in Deutschland eine Sportwettenlizenz erhalten dürfte, verschämt verschwiegen wird aber, dass es erhebliche Probleme mit den Lotterien in Bashkortostan und Albanien gibt. Mit noch nicht absehbaren Folgen.
Schwache Performance der Führungsetage
Ziemlich offen wird mittlerweile sogar im Unternehmen die Performance der Führungsetage kritisiert. Da ist von mangelnder Kompetenz, schwacher Innovation und fehlender Führungsstärke die Rede. Es heißt, man verheddere man sich in politische Interventionen und Intrigen. Begonnen hat es damit, dass bislang noch weit mehr als 4.000 VLT-Lizenzen nicht vergeben wurden, wiewohl man damit gutes Geld verdienen könnte. Um neue WINWIN-Lokale eröffnen zu können, mangelt es bei der CASAG am notwendigen Investitionskapital. Auf ein Franchise-Modell mit privaten Investoren und Betreibern aber konnte bzw. wollte man sich bislang nicht einigen.
Eskaliert ist schließlich der Streit in der Vorstandsetage an der Vergabe der beiden Wiener Lizenzen und der Niederösterreich-Konzession für drei neue Casino-Standorte, bei der sich die CASAG verspekuliert hatte und leer ausging. Nur um ihren Kopf zu retten, legte man auf Verlangen des Vorstands Protest gegen die Vergabe beim Bundesverwaltungsgerichtshof ein. Das wiederum gilt in Fachkreisen als eine Risikopartie. Könnte es doch durchaus sein, dass nicht nur die drei Neo-Lizenzen neu vergeben werden müssen sondern dass man auch verlangt, dass das Land- und Stadtpaket (mit jeweils sechs Standorten) aufgeschnürt und einzeln ausgeschrieben werden muss. Gibt es doch erhebliche juristische und auch europarechtliche Einwände gegen diese Paketlösung.
Gesellschaftsanteile drängen auf den freien Markt
Wie sehr das einstige Spielbanken-Flaggschiff ins Trudeln geraten ist, zeigen die jüngsten Bewegungen innerhalb der Gesellschafter. So ließ Nationalbank-Direktor Kurt Pribil erst kürzlich in Alpbach verlauten, dass man nun rasch den Anteil der Münze Österreich an der CASAG (33,2 Prozent) verkaufen möchte. Nicht zuletzt ist es ÖNB-Gouverneur Ewald Nowotny schon satt, sich bei jeder Konferenz der internationalen Notenbanker die Frage anhören zu müssen, ob er denn er noch immer „Rien ne va plus“ spielt. Zwei Varianten stehen dabei zur Disposition, nämlich a) die relativ einfach zu bewerkstelligende Übertragung an ein staatliches Konsortium also die ÖIAG oder b) die Notwendigkeit einer EU-weiten Ausschreibung, die allerdings das Risiko in sich birgt, dass ein eher ungeliebter Interessens das Rennen macht.
Das könnte freilich durchaus bei den Anteilen einiger anderer CASAG-Gesellschafter der Fall sein. So etwa bei der Kirchenbank Schellhammer & Schattera, wo man einen möglichst guten Preis für das eigene Aktienpaket (5,3 Prozent) erzielen will. Ebenfalls verkaufen will auch die Privatstiftung von Maria Theresia Bablik ihre 16,8 Prozent. Hier wurde mit Aufmerksamkeit registriert, dass neben dem Ex-CAI-Finanzvorstand Josef Leutgeb nun auch Hoscher als Stiftungsrat eingezogen ist. Dahinter steckt freilich ausnahmsweise keine Intrige sondern bloß die Intention der 86-jährigen Stiftungsinhaberin in ihrem Stiftungsrat immer auch ein Vorstandsmitglied von Casinos Austria vertreten zu haben.
Ob Hoscher freilich noch lange ein Link zur CASAG sein wird, scheint derzeit durchaus fraglich. Zwar laufen die Vorstandsverträge von ihm ebenso wie von Stoss bis 2017, die Gerüchte um eine vorzeitige Ablöse des schwarz-roten Führungsduos wollen freilich nicht verstummen. Das gilt übrigens auch für Raiffeisen-Generaldirektor und CASAG-Aufsichtsratspräsident Walter Rothensteiner, dem nicht nur eine Überforderung als Folge seiner Tätigkeit als Chef einer internationalen Bank und vielfacher Aufsichtsrat nachgesagt, sondern dem auch der Vorwurf gemacht wird, dass er die Glückspiel-Zügel nicht mehr in der Hand hält. Bloß Stoss-Vize Bettina Glatz-Kremsner und Lotterien-Vizechef Friedrich Stickler meiden aktuell die große Öffentlichkeit – offenbar auch in der Hoffnung auf nicht unberechtigte Überlebenschancen.
Ungebrochenes ÖIAG-Interesse
Dass sich in den letzten Wochen die Gerüchte über mögliche Verkäufe von Gesellschaftsanteilen an der CASAG verdichteten, trägt nicht gerade zur Konsolidierung eines Unternehmens bei, dass dringend einen Relaunch benötigen würde. Tatsächlich machen seit Wochen alle möglichen Spekulationen die Runde, nebst den üblichen Londoner Aktien-Händlern war sogar von chinesischen Investoren die Rede, die Geschmack am österreichischen Spielbankenunternehmen gefunden hätten.
Genau das, so noch der Plan unter Ex-Finanzminister Michael Spindelegger, wollte man im Finanzministerium verhindern und daher die ÖIAG in Rennen schicken. Dessen Chef Rudolf Kemler hat ungebrochenes Interesse an der Übernahme von Gesellschaftsanteilen und einer CASAG-Sanierung. Um aber Handeln zu können, wartet man derzeit noch auf die Ergebnisse der beiden Bewertungsgutachten von Münze bzw. Nationalbank, wobei übrigens von einem Wert von 800 bis 900 Millionen Euro die Rede ist.
Damit die Diskussion über mögliche Anteilsverkäufe nicht ausufert, alles wieder in geordneten Bahnen verläuft, will man seitens der ÖIAG möglichst rasch mit dem neuen Finanzminister das Gespräch suchen, um präzise in Erfahrung zu bringen, wie es konkret weitgehen soll. Eines dürfte freilich sicher sein, einen „Ausverkauf“ dieses einstigen Paradeunternehmens will man nicht, wenngleich die CAI derzeit selbst Ausverkauf betreibt. Vielmehr besteht die ernsthafte Überlegung das Unternehmen neu auszurichten und gut zu positionieren. Am heimischen wie auch am internationalen Markt. Dazu wird man wohl auch ein neues Management und einen entsprechenden Know how Partner benötigen, den freilich will man sich wohlüberlegt, nicht überhastet aussuchen und schon gar nicht von sogenannten Schnäppchenjägern aufoktroyieren lassen.