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World Regulatory Briefing tagte in Deutschland

World Regulatory Briefing tagte in Deutschland Frankfurt am Main. Die englischen Konferenzveranstalter CLARION sind erfolgsverwöhnt, organisieren sie doch mit der Londoner ICE-Show u.a. die größte Glücksspielmesse Europas. Nicht minder erfolgreich: das Format World Regulatory Briefings (WrB), eine internationale Veranstaltungsreihe, die die weltweiten rechtlichen Rahmenbedingungen für den Glücksspielsektor unter die Lupe nimmt.


Insbesondere in Europa wird diese Plattform rege von Regulierern genutzt, um aktuelle Themen mit internationalen Kollegen, politischen Akteuren sowie Branchen-Experten der Glücksspielindustrie zu diskutieren. In Frankfurt trafen sich zur deutschen Ausgabe der Reihe weit über 100 Teilnehmer aus dem Bereich Wirtschaft, Politik und Recht. Viele waren gekommen, um den wichtigsten deutschen Glücksspielregulierer Dr. Thomas Gößl, mithin einer der Väter des alten und neuen Glücksspielstaatsvertrages und Chef des so genannten Glücksspielkollegiums aller 16 Länder, zu treffen, dessen Teilnahme der Veranstalter angefragt hatte. Sie wurden enttäuscht. Mit Gößl fehlten sämtliche Vertreter der Regulierer, deren Arbeit die Branche dennoch ein eindeutiges Zeugnis ausstellte – und zwar ein „ungenügend“.

Ein Rückblick

Schleswig-Holstein hatte in den letzten Jahren die Voraussetzungen für ein europarechtskonformes und wettbewerbsfähiges Glücksspielrecht mit zeitgemäßen Steuersätzen, umfassenden Möglichkeiten des Spielerschutzes und garantierten Mehreinnahmen für den organisierten Sport nach dem Vorbild der modernen dänischen Glücksspielregulierung auf den Weg gebracht. Die übrigen 15 Bundesländer hielten an Regelungen fest, deren europarechtliche Unbedenklichkeit alles andere als erwiesen ist, unter anderem bleibt die Regulierung von Poker- und Casino-Spiele via Internet außen vor. Dieser Regelung hat sich nach dem Kieler Regierungswechsel und der Ablösung von Schwarz-Gelb auch Schleswig-Holstein angeschlossen – allerdings erst nachdem Innenminister Breitner (SPD) rund 50 Lizenzen für Sportwetten, Online-Poker und Casinospiele erteilt hatte. Die gelten nun weiter – auch unter dem Glücksspieländerungsstaatsvertrag (GlüÄndStV), der bundesweit genau 20 Lizenzen vorsieht. Das mit der Lizenzvergabe betraute hessische Innenministerium bereitet sich derzeit auf eine Flut von Gerichtsverfahren vor und sucht eine Kanzlei, die das Ministerium in der Konzessionserteilung vertritt und berät. Mit der tatsächlichen Lizenzvergabe rechnen die Experten angesichts zu erwartender rechtlicher Auseinandersetzungen bestenfalls im nächsten Jahr. Unterdessen hat der Bundesgerichtshof dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) Fragen mit Blick auf die unterschiedlichen Regelungen innerhalb Deutschlands vorgelegt: Ob es nämlich unter dem Gesichtspunkt der Kohärenz einen Unterschied macht, wenn es in einem von 16 Bundesländern eine andere Regelung gibt als in den übrigen. Außerdem geht es darum, ob die bis 2018/19 gültigen Lizenzen für Schleswig-Holstein zur Inkohärenz führen. Mit einer Entscheidung rechnet man erst im nächsten Jahr.

Glaubenskrieg zwischen dänischem und französischem Modell

Nicht nur diese Umstände mögen Professor Rudolf Streinz von der Universität München bewogen haben, Rechtsfragen zum Glückspielsektor selbst zum zeitweiligen Glücksspiel zu erklären. Er verwies in Frankfurt unter anderem auf die EU-Dienstleistungsrichtlinie und auf den Aktionsplan der EU-Kommission zum Online-Glücksspiel. Weiterhin würden in Deutschland verschiedenen Glücksspielsektoren – Sportwetten einerseits, Online-Poker und Casino andererseits – unterschiedlich reguliert. Wie viele andere Experten sieht auch er wegen der fehlenden Kohärenz der Glücksspielgesetzgebung Deutschland auf dem glückspielrechtlichen Holzweg. WrB-Chairman Dr. Wulf Hambach von der Münchener Kanzlei Hambach & Hambach Rechtsanwälte hatte bereits in seiner Einführung von einem Glaubenskrieg gesprochen, der die deutsche Glücksspielregulierung kennzeichne – nämlich zwischen dem modernen und auf Wettbewerb ausgerichteten Regulierungs-Vorbild Dänemarks und damit Schleswig-Holsteins und dem restriktiveren Frankreichs. Bezeichnend: Der Kieler Innenminister Breitner (SPD) hat die dortige Regelung im Zuge der Lizenzvergabe mehrfach gelobt. Für die Mitinitiatoren des schleswig-holsteinischen Modells, den Kieler FDP-Fraktionschef Wolfgang Kubicki und den parlamentarischen Geschäftsführer der CDU-Landtagsfraktion, Hans-Jörn Arp, steht die Frage nach der Überlegenheit der Kieler Regelung außer Frage: Das Beispiel Dänemark belege, so Arp, dass die staatliche Regulierung aller Glücksspielsektoren tatsächlich rund 90 Prozent des gesamten Marktes erfasse, demgegenüber treibe die Kieler Koalition aus SPD, Grünen und Südschleswigschem Wählerverband SSW im Verbund mit den übrigen Bundesländern weiterhin Millionen Spieler in die Illegalität. Auch der Verlust möglicher Steuereinnahmen sei beachtlich: „In Dänemark betragen die Einnahmen allein aus Sportwetten 250 Millionen Euro. Hochgerechnet auf die Bundesrepublik Deutschland bedeutet das drei Milliarden Euro, die den Landeskassen sowie dem Breiten- und Profisport fehlen“, so Arp.

Warten SPD und Grüne auf gerichtliches Scheitern?

Wie Wolfgang Kubicki setzt auch der CDU-Politiker auf die normative Kraft des Faktischen. „Die Bundesländer, die am Glücksspielstaatsvertrag festhalten, erkennen zunehmend die Durchsetzungsprobleme. Ich glaube, dass sich das schleswig-holsteinische Modell schneller durchsetzen wird als viele erwarten, insbesondere dann, wenn die Lizenznehmer aus Schleswig-Holstein von ihren Lizenzen auch Gebrauch machen.“ Dann werde der Glücksspielstaatsvertrag obsolet, so Kubicki. Er verwies zudem darauf, dass durchaus „einige genau damit rechnen, die aber ihre bisherige Argumentation nicht ändern wollen, weil es schwer vermittelbar ist.“ Vielfach warte man darauf, dass durch die Rechtsprechung eine neue Faktenlage geschaffen werde, die dem Kieler Modell die Bahn ebne, erläuterte er mit Blick auf Teile von SPD und Grüne, die seinerzeit erklärt hatten, dem Glücksspielstaatsvertrag beizutreten, um dann entsprechende Bestandteile mit Blick auf Online-Angebote zu überarbeiten.

Martin Gerster, sportpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion im Bundestag, wird bereits mit der Forderung nach neuen Verhandlungen zitiert: „Die aktuelle Situation ist für alle Beteiligten ein Desaster. Für den Sport, die Länder, die privaten als auch die staatlichen Wettanbieter“, so Gerster gemäß SID. „Aus meiner Sicht ist klar, dass der Glücksspielstaatsvertrag so nicht funktionieren wird. Ich fordere die Länder auf, sich nochmal zusammenzusetzen und Verbesserungen im Verfahren zu beschließen.“ „Wir können auf Dauer Online-Casino-Spiele und Online-Poker-Spiele nicht verbieten“, so FDP-Mann Kubicki, das lasse die Wirklichkeit des Internets nicht zu, der die ordnungspolitische Motivation von Union und FDP untermauerte: „Wir müssen regulieren, wir müssen kanalisieren und damit auch staatliche Kontrolle möglich machen.“

Allen Kritikern einer Marktöffnung für Online-Poker und Co., die hierin das Einfallstor für Geldwäscheaktivitäten vermuten, erteilte Professor Friedrich Georg Schneider von der Universität Linz mit Bezug auf eine TÜV-Studie eine Absage. Gemessen am zu betreibenden Aufwand und den nötigen Transaktionskosten sei Geldwäsche via Online-Poker unrentabel. Darüber hinaus, das machte das WrB in Frankfurt deutlich, gibt es heute eine Vielzahl von technischen Mechanismen, die Manipulationsversuche, Wettabsprachen (Match-Fixing) etc. zu identifizieren. Die optimale Gesetzgebung, um den Interessen aller Beteiligter gerecht zu werden, skizzierten Rechtsanwalt Ronald Reichert von der Bonner Anwaltskanzlei Redeker Sellner Dahs und Rechtsanwalt Markus Ruttig, CBH Rechtsanwälte in Köln: Es dürfe weder monopol- noch oligopolartige Strukturen geben, die Deckelung bei den Lizenzen sei aufzuheben, diejenigen Anbieter, die die nötigen Bedingungen erfüllen, müssten in die Lage versetzt werden, das eigene Angebot an den Markt zu bringen.

Die Tür ist aufgestoßen

Wie aber sehen die Praktiker die derzeitige Situation in Deutschland? Können die Anbieter angesichts der deutschen Rechtslage für Spieler wie Unternehmen attraktive Angebote auflegen? „Wir haben die Tür in Deutschland aufgestoßen und einen Fuß hineinbekommen“, resümierte Mybet-CEO Mathias Dahms in einem Panel mit Wolfram Kessler von der Tipico-Rechtsabteilung und Interwetten-Vorstandschef Werner Becher. Und den Fuß wolle man nicht mehr zurückziehen. Das Kieler Modell habe Rahmenbedingungen gesetzt, die dem Markt gerecht würden, so deren Analyse, der einzig der Sprecher des Deutschen Lotto- und Totoblocks, Michael Burkert, sich nicht anschließen wollte. Der neue Glücksspielstaatsvertrag hingegen schaffe Rechts- und Planungsunsicherheit. Folgt man den Ergebnissen der aktuellen Goldmedia-Studie „Glücksspielmarkt Deutschland 2017“, würden bei Bestehen der aktuellen deutschen Regelung 2017 lediglich 30 Prozent des Sportwetten-Umsatzes – ca. zwei Milliarden Euro – von staatlich regulierten Anbietern erwirtschaftet. Die Regulierungsziele, die Spieleinsätze hin zu staatlich zugelassenen Angeboten zu kanalisieren, den Schwarzmarkt zu bekämpfen sowie einen bestmöglichen Spielerschutz zu gewährleisten, würden mit der neuen Glücksspielregelung nicht erreicht.

Der Erfolg von Regulierung misst sich nach Wertung der Anbieter auch am Grad der Kanalisierung des Spielerverhaltens. Dänemark verzeichne hier eine Quote von 95 Prozent aller Spieler, die nicht mehr in der Schattenwirtschaft spielten, was die Wirksamkeit der Regulierung á la Schleswig-Holstein unterstreiche. Die Vertreter der privaten Anbieter gehen daher davon aus, dass der Glücksspielstaatsvertrag in derzeitiger Form keinen Bestand haben wird. „Die Frage ist nur, wann das Ding stirbt“, so Werner Becher.

(Ansgar Lange, www.ptext.de)

Bild: Karin Schmidt  / www.pixelio.de

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