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Das „Engelmann”-Urteil des EuGH – Rien ne va plus für das österreichische Glücksspielgesetz?

Mit einem Kommentar unseres Glücksspielrechts-Experten Mag. Georg Streit

Darstellung der Rechtsfolgen des Urteils des EuGH 9.9.2010, Rs. C-64/08 „Engelmann“ für das österr. Glücksspielrecht – österreichisches Glücksspielmonopol – GlücksspielG-Novellen 2008 und 2010 – Inlandssitzerfordernis – Kohärenz der Regelungen

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Kommentar unseres Glücksspielrechts-Experten Mag. Georg Streit

Herr Dr. Leidenmühler stellt zu Beginn seiner Ausführungen zum „Engelmann-Urteil” das österreichische Glücksspielmonopol dar. Er verweist darauf, dass die Vergabe und Verlängerung der Konzessionen „ohne öffentliche Ausschreibung in einem nicht transparenten Verfahren” erfolgt sei. Dies betraf das Ausgangsverfahren, zu dem das EuGH-Urteil nun erging. Nicht durchgehend erfolgte die Vergabe oder Verlängerung von Konzessionen des Bundes nach dem Glücksspielgesetz in der Vergangenheit so intransparent, wie vom EuGH und Herrn Dr. Leidenmühler dargestellt. So veröffentlichte der Bundesminister für Finanzen z. B. am 29.10.2001 im Amtsblatt zur Wiener Zeitung einen Aufruf an Interessenten an einer Konzession für bestimmte Lotterien nach dem Glücksspielgesetz. Dass diese Veröffentlichung dem Transparenzgebot genügte, bestätigte bereits der Verwaltungsgerichtshof in einer Entscheidung vom August 2005. Da nach dem „Engelmann-Urteil” des EuGH nicht unbedingt eine öffentliche Ausschreibung nach den Bestimmungen des BVergG erfolgen, sondern nur ein angemessener Grad an Öffentlichkeit gegeben sein muss, der vom Verwaltungsgerichtshof attestiert wurde, sind die Ausführungen von Herrn Dr. Leidenmühler also auf die bereits länger zurückliegenden Fälle zu beschränken, in denen die Vergabe der Konzessionen aus dem Glücksspielgesetz tatsächlich ohne vorherige Interessentensuche erfolgte. In der jüngsten Novelle zum GSpG ist eine Verpflichtung des Finanzamtes zur Ausschreibung bereits explizit normiert.

Auch zu den von Herrn Dr. Leidenmühler berichteten Gerichtsentscheidungen, aus denen Zweifel an der Vereinbarkeit des österreichischen Glücksspielgesetzes mit dem Europäischen Unionsrecht hervorgehen würden, ist eine Anmerkung angebracht: richtig ist, dass österreichische Gerichte erster und zweiter Instanz Zweifel an der Vereinbarkeit des österreichischen Glücksspielrechts mit dem Unionsrecht hatten; dies aus verschiedenen, von Herrn Dr. Leidenmühler auszugsweise wiedergegebenen Gründen. Diese Entscheidungen ergingen durchwegs im Verfahren nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG). Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs reicht es, um ein Verfahren nach diesem Gesetz als Beklagter zu gewinnen, schon aus, wenn man das Gericht davon überzeugen kann, dass die eigene Rechtsauffassung zumindest mit gutem Grund vertreten werden kann, mag sie auch nicht richtig sein. Die Beklagten in jenen Verfahren konnten die Gerichte davon überzeugen, dass aufgrund der vielen verschiedenen Meinungen zum Glücksspielgesetz und dessen (Un-)Vereinbarkeit mit dem Unionsrecht nicht eindeutig klar gewesen wäre, ob die Veranstaltung von Glücksspielen auf Grundlage einer Erlaubnis aus einem anderen EU-Mitgliedstaat auch zum Anbieten von Glücksspielen in Österreich berechtigt. Allein diese Zweifel und eine auf diesen Zweifeln gründende so genannte vertretbare Rechtsansicht führten zur Abweisung der auf Unterlassung des Anbietens von Glücksspielen in Österreich ohne österreichische Zulassung gerichteten Klagen nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb. Nicht weniger aber auch nicht mehr ist aus diesen Verfahren vor Gerichten unterer Instanzen abzuleiten.

Kurze Zeit später, und das übersieht Herr Dr. Leidenmühler in seiner Darstellung, sprach der Verwaltungsgerichtshof aus, dass „gegen die Zulässigkeit der Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit durch das in § 3 GSpG normierte Glücksspielmonopol und gegen die damit im Zusammenhang bestehenden Beschränkungen oder Verbote für in andere Mitgliedsstaaten zugelassenen Spiele keine Bedenken im Hinblick auf Art. 49 EG” bestehen. Damit liegt seit November 2009 ein Urteil eines österreichischen Höchstgerichts vor, das jedenfalls innerstaatlich die Rechtslage auch zum Glücksspielmonopol selbst klargestellt hat. Mit dieser Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs kann nun nicht mehr mit guten Grund vertreten werden, das österreichische Glücksspielmonopol und die österreichische Glücksspielrechtslage würden gegen das Europäische Unionsrecht verstoßen. Bemerkenswert ist, dass der Verwaltungsgerichtshof seine Entscheidung in Kenntnis der Anhängigkeit des „Engelmann-Falles” beim EuGH traf.

Die vom EuGH als mit dem Europäischen Unionsrecht nicht vereinbar bezeichneten Bestimmungen des österreichischen Glücksspielgesetzes, die nicht das Monopol selbst sondern die Modalitäten der Konzessionsvergabe betrafen, wurden teilweise bereits durch die jüngsten Novellen zum GSpG (Sommer 2010) beseitigt, eine letzte Korrektur erfolgt dem Vernehmen nach noch dieses Jahr. Damit wären beide Kritikpunkte des EuGH (Vergabe von Konzessionen ohne jede Transparenz – zumindest nach den gesetzlichen Bestimmungen; Inlandssitzerfordernis eines Konzessionärs nach dem Glücksspielgesetz) saniert.

Aus dem „Engelmann-Urteil” lässt sich in der Tat vieles für die aktuelle Rechtslage und für die Zukunft ableiten. Genauso trefflich wie über die Vereinbarkeit des österreichischen Glücksspielgesetzes mit dem Europäischen Unionsrecht schon vor dem „Engelmann-Urteil” gestritten werden konnte, lässt sich nun verschiedener Meinung darüber sein, wie die aktuelle Praxis mit diesem Urteil umzugehen hat. Zweifellos richtig ist, dass mit dem Unionsrecht nicht vereinbare Bestimmungen des nationalen Rechts auch nur für eine Übergangsfrist nicht mehr angewendet werden darf. Ab dem Tag der Veröffentlichung des „Engelmann-Urteils” sind daher die Bestimmungen im GSpG über das Erfordernis eines inländischen Sitzes eines Konzessionswerbers nicht mehr anwendbar. Nicht notwendigerweise bedeutet dies aber, dass auch die übrigen Voraussetzungen für die Veranstaltung von Glücksspiel nicht mehr anwendbar wären. Insbesondere jene Bestimmungen, in denen auch von Kritikern des österreichischen Glücksspielmonopols und der österreichischen Glücksspielrechtslage insgesamt aus unionsrechtlicher Sicht bisher keine Zweifel angemeldet wurden, sind nach wie vor Voraussetzung für die Erteilung einer Konzession nach dem österreichischen GSpG. Aufgrund des Vorrangs des unmittelbar anwendbaren Gemeinschaftsrechts (wozu die Grundfreiheiten zählen) sind jene Bestimmungen, die mit dem Unionsrecht nicht vereinbar sind, bloß nicht mehr anzuwenden. Daraus ließe sich aber bloß ableiten, dass nur jemand, der eine Glücksspielkonzession nur deswegen nicht erlangte, weil er keinen Sitz im Inland hatte, straffrei ist.

Selbst wenn man aber die in einigen Fällen intransparent erfolgte Vergabe von Konzessionen nach dem GSpG berücksichtigt, folgt daraus Straffreiheit nur für jene Fälle, in denen eine transparente Interessentensuche für Konzessionäre nach dem GSpG tatsächlich nicht stattgefunden hat. Wie bereits eingangs ausgeführt, war dies nicht bei allen Konzessionsvergaben in der Vergangenheit so.

Das Bundesministerium für Justiz und das Bundesministerium für Finanzen verweisen in ihrer gemeinsamen Stellungnahme zum „Engelmann-Urteil” im Übrigen darauf, dass rechtswidriges Verhalten eines Anbieters von Glücksspielen auch nach dem „Engelmann-Urteil” vorliegt, wenn dieser Anbieter nicht über eine Konzession nach dem österreichischen GSpG verfügt und der Grund dafür nicht im mangelnden Inlandssitz des Konzessionswerbers liegt. Diese Stellungnahme ist für die Gerichte nicht verbindlich, doch dürfte die Praxis einiger österreichischer Bezirksgerichte, die „Engelmann-Entscheidung” des EuGH inhaltlich als Aufhebung des § 168 StGB (verbotenes Glücksspiel) zu betrachten, nicht alle Überlegungen berücksichtigt haben.

Selbst wenn man aber dieser Auslegung folgte, ist nach den in Österreich üblichen Glücksspielformen zu unterscheiden, soweit diese rechtlich unterschiedlich geregelt sind. Das „Engelmann-Urteil” erging zu Spielbankenkonzessionen, davon gibt es nach der jüngsten Novelle zum GSpG 15. Für sonstige Glücksspiele, die nicht unter das kleine Glücksspiel der Länder fallen, gibt es jedoch nur eine einzige Konzession. Die einzelnen Glücksspielformen allerdings wurden teilweise in separaten Bescheiden erteilt, sodass wohl in der Tat die beiden Tatbestände und damit die Rechtsfolgen vergleichbar sind.

Anderes gilt aber für das kleine Glücksspiel, das nach wie vor vom Glücksspielmonopol des Bundes ausgenommen ist und in den Regelungsbereich der Länder fällt, die in der Vergangenheit nicht alle von der Möglichkeit der Zulassung von kleinem Glücksspiel (Begrenzung des Einsatzes und des möglichen Gewinns pro Spiel nach oben) Gebrauch machten. Gab es bis zur Glücksspielrechtsänderung im Sommer 2010 kaum Vorgaben des Bundes für die Regelung des kleinen Glücksspiels (nur Normierung von Höchsteinsatz- und Gewinngrenzen), haben sich die Länder nun am vom Bund in § 5 GSpG vorgegebenen Rahmen zu orientieren. Ein Verstoß gegen das Verbot, Glücksspiele ohne Konzession zu veranstalten, insbesondere durch Überschreitung der Einsatz- und Gewinnhöchstgrenzen für kleines Glücksspiel, war gleichzeitig ein Verstoß gegen das Glücksspielgesetz und gemäß § 168 StGB zu ahnden. Diesbezüglich sei auf die Ausführungen oben verwiesen. Erfolgte die Veranstaltung von kleinem Glücksspiel innerhalb der vom GSpG vorgegebenen Grenzen, jedoch in einem Bundesland, das kleines Glücksspiel bisher nicht vorsah, lag kein Verstoß gegen die Bestimmungen des Glücksspielgesetzes, wohl aber jene des § 168 StGB vor (weil eben Glücksspiel ohne gesetzliche Grundlage, die in diesem Fall ein Landesgesetz hätte sein müssen erfolgte). Da es mangels Zulassung von kleinem Glücksspiel auch nicht zur Frage einer Transparenz einer Ausschreibung oder einem Inlandssitzerfordernis kommen kann, kommt die Rechtsprechung des EuGH in diesem Fall nicht zur Anwendung.

Die Konsequenz daraus ist aber, dass, wer kleines Glücksspiel in einem Bundesland veranstaltete, das bisher kleines Glücksspiel nicht gestattete, zweifellos dennoch strafbar wurde und wird. Dies dürfte wohl auch in Zukunft so bleiben. Die kleines Glücksspiel in Hinkunft zulassenden Länder werden das vom EuGH geforderte Transparenzgebot bei der Vergabe von Zulassungen (Vorlage Interessentensuche) und die Unzulässigkeit der Normierung eines generellen Inlandssitzerfordernisses zu berücksichtigen haben, wenn sie Landesausspielungen landesgesetzlich vorsehen.

Mit der jüngsten Novelle zum GSpG hat der Bundesgesetzgeber auch einen weiteren Schritt hin zur Regulierung des kleinen Glücksspiels im Sinne des Spielerschutzes getan. Spielerschutzvorschriften wurden an jene des großen Glücksspiels angepasst, Spielerschutzmaßnahmen sind deutlich verstärkt worden. Dass dies für die Kritiker des Glücksspielmonopols nach wie vor nicht ausreicht, um eine dem Unionsrecht konforme Rechtslage herzustellen, war zu erwarten. Ebenso zu erwarten sind weitere rechtliche Auseinandersetzungen mit dieser Frage (weil ja darauf verwiesen werden kann, dass seit den letzten gerichtlichen Entscheidungen der Zivilgerichte und des Verwaltungsgerichtshofs Änderungen der Rechtslage eingetreten sind). Eine Orientierungshilfe kann die Entscheidung des EuGH zur deutschen Glücksspielrechtslage vom 8.9.2010 sein, wo der Gerichtshof Kriterien für die Vereinbarkeit von Restriktionen im Glücksspielbereich mit dem Unionsrecht aufstellte. Letztlich wird es Sache der damit befassten Gerichte sein, zu klären, ob die österreichische Rechtslage den Anforderungen des EuGH entspricht. Wenn dies nach Ansicht des VwGH bisher bereits der Fall war, ist die Chance des Glücksspielmonopols, rechtliche Prüfungen auch in Hinkunft zu überleben, durchaus intakt.


 

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