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Weiterhin flächendeckende Strafanzeigen bei illegalem Glücksspiel: Expertise zum Generalthema „Verwaltungsstrafverfahren“

Expertise zum Generalthema „Verwaltungsstrafverfahren“Durch die neueste höchstgerichtliche Judikatur ist festgelegt, dass nunmehr ab einer maximalen Höchsteinsatzgrenze von € 10,00 pro Automat der Straftatbestand des § 168 StGB verwirklicht wird.


Dies hat zur Folge, dass nunmehr eine Vielzahl von Ermittlungsverfahren der Bezirksverwaltungsbehörden gem. § 78 StPO an die Staatsanwaltschaften und die Bezirksgerichte abgetreten werden.

Verwaltungs-Strafverfahren dauern oftmals noch immer zu lange.

Redaktion Spieler-Info.at hat die renommierte Anwaltskanzlei Böhmdorfer Schender Rechtsanwälte GmbH mit einer Expertise beauftragt, die die Risiken und Nachteile von langen Verfahren vor den Verwaltungsbehörden, sowie Lösungsansätze aufzeigen soll.

Ausführungen der Expertise zum Generalthema „Verwaltungsstrafverfahren“:

            1.         Allgemeiner Verlauf von Verwaltungsstrafverfahren:

1.1. Für das Verwaltungsstrafverfahren nach dem Glücksspielgesetz ist in erster Instanz grundsätzlich die örtliche Bezirksverwaltungsbehörde zuständig, soweit jedoch in deren Wirkungsbereich eine Bundespolizeibehörde besteht, diese. Dem örtlich zuständigen Finanzamt kommt Parteistellung zu.

1.2. Der den Finanzämtern zugeordneten Finanzpolizei kommen bestimmte Aufsichts-, Kontroll- und Beweissicherungsaufgaben zu. Das Verfahren wird zunächst aufgrund einer Anzeige eingeleitet und erfolgt nach Koordinierung mit der Finanzpolizei eine Kontrolle der angezeigten Standorte.

1.3. Führen Kontrollen der Finanzpolizei – zu welchen auch Amtssachverständige beigezogen werden können – von Betriebsstätten und Betriebsräumen sowie Räumlichkeiten und der Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten zu einem konkreten Verdacht, dass eine Verwaltungsübertretung nach § 52 Glücksspielgesetz begangen wurde, kann die Finanzpolizei sogleich die vorläufige Beschlagnahme der fraglichen Glücksspielautomaten, sonstigen Eingriffsgegenstände oder technischen Hilfsmittel durchführen.

Die Betroffenen haben die Möglichkeit sich binnen vier Wochen bei der Behörde ein Rechtsmittel einzubringen, um eine Ausfolgung der Gegenstände zu erwirken.

1.4. Dem Beschuldigten ist eine Gelegenheit einzuräumen, sich zu allen Vorwürfen zu rechtfertigen. Die Rechtfertigung kann dann entweder mündlich zu Protokoll oder schriftlich erfolgen.

1.5. Wenn ein Beschuldigter sich in seiner Rechtfertigung darauf beruft, dass er nicht wusste, dass das verfahrensgegenständliche Verhalten, das er in seiner objektiven Beschaffenheit richtig erkannt hat, rechtlich verboten ist (Verbotsirrtum), muss er beweisen, dass er die betreffende Vorschrift nicht gekannt hat und ihm daraus kein Vorwurf zu machen ist.

1.6. Sofern die Behörde nach vorliegenden Verfahrensergebnissen zum Schluss kommt, dass eine Verwaltungsübertretung begangen wurde, erlässt sie einen Bescheid (Straferkenntnis).

1.7. Unserer Erfahrung nach beträgt die Verfahrensdauer im Durchschnitt ca. 6 Monate bis 1 Jahr.

Verjährung nach dem Verwaltungsstrafgesetz tritt nach 3 Jahren, gerechnet ab dem Zeitpunkt, an dem die fragliche Tätigkeit abgeschlossen worden ist oder das betreffende Verhalten aufgehört hat, ein.

            2.         Rechtsmittelverfahren:

2.1. Gegen ein Straferkenntnis steht jedem Beschuldigten, aber auch dem Finanzamt, innerhalb von zwei Wochen das Rechtsmittel der Berufung an die Unabhängigen Verwaltungssenate in den Ländern (ab 01.01.2014: an die Verwaltungsgerichte) zu.

Je nach Anfall von Berufungsverfahren ist hier erneut – nach unserer Erfahrung – mit einer Dauer von 6 Monaten zu rechnen, bis der Berufungsbescheid erlassen wird.

2.2. Gegen diesen Berufungsbescheid kann innerhalb von 8 Wochen Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof und bzw. oder an den Verfassungsgerichtshof eingelegt werden.

3.         Überlange Dauer:

3.1. Durch den unverhältnismäßigen Aufwand, der von den Bezirksverwaltungsbehörden betrieben wird, kommt es zu sachlich nicht rechtfertigbaren Verzögerungen zwischen der Anzeige und den ersten Ermittlungsschritten. Eine Aufstockung der Finanzpolizei, sowie die Schulung weiteren Personals ist im Interesse des Spielerschutzes unmittelbar notwendig.

Auch müssen – durch die neuesten Erkenntnisse des VfGH – nunmehr die Abstimmung zwischen den Verwaltungsstrafbehörden und den Staatsanwaltschaften und Gerichten verbessert werden. Zweckdienlich und verfahrensbeschleunigend wäre es, gemeinsame Kontrollen durchzuführen. Damit kann verhindert werden, dass Betreiber von illegalen Glücksspielautomaten in den „Genuss“ der Verjährung kommen. Dies widerspricht auch dem öffentlichen Interesse des Gesetzgebers am Schutz vor Spielsucht.

3.2. Die Beteiligung der Strafbehörden ist notwendig, da erst durch Überprüfung der maximalen Höchsteinsatzgrenzen am jeweiligen Glücksspielautomaten festgestellt werden kann, ob ein Verwaltungsstraftatbestand oder der Straftatbestand des § 168 StGB verwirklich wurde.

3.3. Es widerspricht auch nicht dem Verbot der Doppelbestrafung, wenn zeitgleich Ermittlungen der Verwaltungsbehörde und der Strafverfolgungsbehörde geführt werden. Im Gegenteil, erst im Zuge des Verfahrens stellt sich heraus, welcher Tatbestand verwirklicht wird.

Gemeinsame Kontrollen der Behörden dienen hier dem öffentlichen Interesse und stehen für eine Umsetzung des Verbots des illegalen Glücksspiels.

Gerade durch Kompetenzprobleme, die leicht in den Griff zu bekommen sind, darf es nicht dazu kommen, dass die Betreiber sich auf die Verjährung berufen können.

Gerade im Falle der Einleitung von gerichtlichen bzw. staatsanwaltlichen Ermittlungen ist das Verwaltungsstrafverfahren zu unterbrechen, kann aber nach Abschluss des Verfahrens, wieder aufgenommen werden. Darin liegt also keine Doppelbestrafung.

3.4. Für derartige Verwaltungsstraf- wie auch gerichtliche Strafverfahren sollte ein Zeitrahmen von rund einem halben Jahr ausreichen. Die gelebte Verwaltungspraxis zeigt anderes. Dadurch ist es für die Betreiber illegaler Glückspielautomaten leicht, Verfahrensverzögerungen zu erwirken und die Verjährung eintreten zu lassen.

4.         Staatsanwaltliche Verfahren:

4.1. Durch die neueste höchstgerichtliche Judikatur ist festgelegt, dass nunmehr ab einer maximalen Höchsteinsatzgrenze von € 10,00 pro Automat der Straftatbestand des § 168 StGB verwirklicht wird. Dies hat zur Folge, dass nunmehr eine Vielzahl von Ermittlungsverfahren der Bezirksverwaltungsbehörden gem. § 78 StPO an die Staatsanwaltschaften und die Bezirksgerichte abgetreten werden.

 Dagegen spricht grundsätzlich nichts, es darf jedoch von den Behörden nicht übersehen werden, dass eine Vielzahl der Anbieter ein „Dauerdelikt“ verwirklichen. Nicht nur bei der Kontrolle durch die Finanzpolizei und/oder Staatsanwaltschaft werden konzessionslose Glücksspielautomaten vorgefunden, sondern auch in den Zeiträumen zwischen den Kontrollen. Daher ist der Einwand der Verjährung von den Beschuldigten als verwirkt anzusehen. Solange das strafbare Verhalten fortgesetzt wird, kann KEINE Verjährung eintreten.

4.2. Die Flucht der illegalen Betreiber in die Vorzüge der gerichtlichen Strafverfolgung wird sich daher mittelfristig als Bumerang herausstellen, sofern die Ermittlungsbehörden die Verfahren zügig vorantreiben.

Die Gewohnheit der Beschuldigten sich auf einen Verbotsirrtum herauszureden kann spätestens nach dem ersten Verfahren nicht aufrecht gehalten werden. Gerade durch das Verfahren müssen sich die Beschuldigten und Betreiber mit den gesetzlichen Bestimmungen auseinandersetzen, sodass dieser Einwand nicht mehr erfolgreich aufrecht gehalten werden kann.

5.         Tendenz in der Judikatur des Obersten Gerichtshofes:

5.1. Im Wiener Kommentar zum Strafgesetzbuch wird zu § 168 StGB von HR Dr. Kurt Kirchbacher festgehalten: „Ein Automatenspielerfolg der sich in einfacher Spielfortsetzungsmöglichkeit erschöpft, ist entgegen 12 Os 49/02 jedenfalls dann kein Gewinn iSd § 168 StGB, wenn der Spieler darüber nicht geschäftlich verfügen kann. In Wahrheit erwirbt der Spieler hier gegen Entgelt eine Spielbetätigungsgelgenheit, deren Dauer vom Glück abhängt…“ (Kirchbacher/Presslauer in WK² § 168 Rz 3b). Damit wird wohl die Weiche gestellt, dass in Zukunft Automatenglückspiel überwiegend einen Verwaltungsstraftatbestand verwirklicht. Diese Entwicklung wird sich durch höchstgerichtliche Entscheidungen zu § 168 StGB– die leider noch nicht vorliegen – zeigen.

 

Bild: Michael Grabscheit/www.pixelio.de

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